Die Nägel verfärben und verformen sich, sie können sogar komplett zerstört werden. Da die Hände meist für alle anderen gut sichtbar sind und vielerorts als unsere Visitenkarte gelten, versuchen Betroffene die Hände so gut es geht zu verbergen und leiden in vielen Fällen unter Stigmatisierung. Besonders belastend ist es, wenn die Nägel ihre Form verändern, sich gelb oder weiß verfärben, unförmig verdicken oder zerbröckeln, und sich vom Nagelbett lösen. Bei einigen Menschen sind ausschließlich die Nägel von Schuppenflechte betroffen: Bei 1 bis 5 Prozent der von Nagelpsoriasis betroffenen Patienten ist das der Fall. Der Wiener Dermatologe und Psoriasis-Experte, Univ.-Prof. Dr. Paul Sator, erklärt wie es dazu kommt und welche Therapieoptionen heute verfügbar und effektiv sind.
Wie diagnostiziert der Hautarzt eine Nagelpsoriasis?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator: Besonders im Anfangsstadium einer Nagelpsoriasis ist sie schwer von anderen Nagelerkrankungen zu unterscheiden. Denn auch Ekzeme, Pilzinfektionen und Tumorerkrankungen können zu Nagelveränderungen führen, die leicht mit der Schuppenflechte der Nägel zu verwechseln sind: weiße oder gelbe Fußnägel, weiße Flecken auf den Nägeln, Tüpfelnägel, Nagelverdickungen. Die Nägel verändern ihre Form und zerbröckeln bis zur Ablösung vom Nagelbett. Für eine sichere Diagnosestellung entnehmen Dermatologen eine Gewebeprobe. Diese ist in örtlicher Betäubung relativ schmerzarm.
Ist die Nagelpsoriasis ansteckend?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator: Nein, man muss sich nicht fürchten einem Menschen mit Nagelpsoriasis die Hand zu schütteln. Die Schuppenflechte der Haut wie auch der Nägel ist weder ansteckend noch gefährlich für die Umwelt. Je offener die Gesellschaft damit umgeht, desto wohler fühlt sich der Betroffene, der unter seiner Erkrankung am allermeisten leidet.
Wie wird die Nagelpsoriasis behandelt?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator: Die Behandlung hängt vom Schweregrad der Nagelpsoriasis ab. Im Anfangsstadium der Nagelpsoriasis werden Salben und Cremes mit verschiedenen Wirkstoffen wie Urea (Harnstoff), Kortison, Vitamin D3, Schwefel- und Schachtelhalm verwendet. Auch die UV-Lichttherapien kann sinnvoll sein. Biologika, eine innovative systemische Behandlungsform, die in das Krankheitsgeschehen eingreifen, sind sehr effektiv und lassen die Nagelpsoriasis in mehr als 50% der Fälle komplett ausheilen. Oft dauert es jedoch einige Monate, bis die Symptome verschwinden. Nägel wachsen ja nur langsam, deshalb bleiben Nagelveränderungen auch relativ lange sichtbar.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Nagelpsoriasis und einer Gelenksbeteiligung bei Psoriasis?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator:Wir wissen heute, dass das Nagelorgan und die Sehnenansätze eine Einheit sind. Daher spiegeln Nagelveränderungen auch die Entzündung der Weichteile wider. Eine Nagelspsoriasis kann daher der Vorbote einer Gelenksbeteiligung sein. Bei circa 75 % der Psoriasisarthritis- PatientInnen geht die Erkrankung der Haut etwa 10 Jahre zuvor. Die Beteiligung der Nägel, des Anogenitalbereiches und der Kopfhaut sind Prognosemarker für eine Gelenksbeteiligung. Die Entzündung dieser Bereiche wird heute auch als schwere Psoriasis anerkannt, selbst wenn die andere Haut nicht sehr betroffen ist aufgrund zum Beispiel psychischer Belastung, Einschränkung im täglichen Leben, im Sexualleben und vielem mehr.
Ist die Nagelpsoriasis beim Kind anders als beim Erwachsenen?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator:Im Vergleich zur Psoriasis bei Erwachsenen, bei denen ungefähr bei der Hälfte die Nägel betroffen sind, ist die Nagelpsoriasis im Kindesalter eine eigene Krankheitsentität. Es wird eine Nagelbeteiligung von rund einem Drittel im Kindesalter angegeben, wobei Buben häufiger betroffen sind. Sehr häufig beim Kind sind die sogenannten Tüpfelnägel, eine unregelmäßige Tüpfelung der Nagelplatte mit lachsfarbenen durch die Nagelplatte durchscheinende Flecken im Bereich des Nagelbetts gefolgt von einer Nagelablösung und mit einem für die Psoriasis so typischen entzündlichen Randsaum, Verdickung des Nagels und Farbveränderung. Die Therapie ist genauso wie beim Erwachsenen.
Welche Tipps für die Nagelpflege gibt es bei Schuppenflechte?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator: Mechanische Reize wie Druck und Reibung können Symptome auslösen und verschlimmern. Deshalb ist passendes Schuhwerk sehr wichtig (offene Schuhe, Sandalen, weite Schuhe). Eine regelmäßige Fuß- und Nagelpflege lindert Beschwerden und verschönert unansehnliche Nagelveränderungen. Hilfreich sind folgende Tipps:
- Nägel kurz schneiden – Auch Handschuhe schützen die erkrankten Nägel.
- Bäder – Hände und Füße täglich in warmem Öl- oder Salzwasser baden.
- Weite Schuhe tragen – so wird auf betroffene Zehen kein zusätzlicher Druck ausgeübt.
- Gelnägel – sie kaschieren die unschönen Nagelveränderungen zumindest optisch.
Was raten Sie Ihren Nagelpsoriasis-Patienten sonst noch?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator:Vermeidung mechanischer Reize, die richtige Pflege der Nägel, zB mit einem geeignetem Nagelbalsam und bei Entzündungen eine entsprechende Lokaltherapie. Sollte dies nicht ausreichen unbedingt eine Vorstellung beim betreuenden Facharzt um eine Gelenksbeteiligung rechtzeitig zu erkennen und eine Therapieeinleitung zu ermöglichen um Folgeschäden an den Gelenken zu vermeiden.
Wie oft wollen Sie die Betroffenen zur Kontrolle sehen?
Univ.-Prof. Dr. Paul Sator: Das richtet sich nach dem Schweregrad und der Therapie. Bei einer Systemtherapie sind sicherlich alle 3 Monate sinnvoll.
Kasten: Wie sieht die Nagelpsoriasis aus
Tüpfelnägel – winzige punktförmige Einsenkungen in der Nagelplatte
Flecken – gelb-bräunliche Verfärbungen unter dem Nagel
Krümelnägel – unter dem Nagel bilden sich Schuppen, die das Nagelbett anheben und die Nagelplatte zerstören können
Verfärbungen – strichförmige Verfärbungen am Nagelende
Nagelfalzschwellung – die Hautfalte an den Rändern der Nagelplatte schwillt an
Foto: Univ.-Prof.Dr. Paul Sator
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