„Oft lohnt es sich, eine abwartende Haltung einzunehmen. In bestimmen Fällen wie Infektionen oder Tumoren muss eine Therapie eingeleitet werden, es ist aber auch nicht verkehrt, eine Zeitlang abzuwarten und zu beobachten“, erklärt PD Dr. Barbara Binder von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz. Auf jeden Fall sind gute Therapiemöglichkeiten vorhanden.
Vorübergehend und selbstheilend
Der sogenannte „Löffelnagel“ ist gekennzeichnet durch eine konkave Dellung der Nageloberfläche. Bei Säuglingen ist dies ein natürlicher Übergangszustand, aufgrund der Weichheit des Nagels und heilt von selbst aus. Im späteren Lebensalter kann diese Veränderung jedoch ein Hinweis auf einen Eisenmangel oder andere interne Erkrankungen sein.
Ebenfalls eine vorübergehende, natürliche Nagelveränderung beim Säugling ist die Überwucherung des seitlichen Nagelwalles. Weil der Nagel noch zu weich ist, kommt es zu einem Einwachsen des Großzehennagels, meist am seitlichen Nagelwall, mit Bildung eines Weichteilwulstes. Hier ist kein ärztliches Einschreiten nötig, da es im ersten Lebensjahr zu einer Spontanheilung kommt.
Weißliche Linien am Nagel entlang des Nagelmondes können bei Säuglingen 6 bis 8 Wochen nach hochfieberhaften Infekten auftreten. Auch diese Veränderungen wachsen ohne Therapie aus.
Oft beunruhigend für die Eltern ist „Yellow-Nail-Syndrom“. Wenige Tage nach der Geburt sind wenige bis alle Finger- und Zehennägel gelb verfärbt. Dies entsteht durch Einlagerung von Bilirubin bzw. später durch Karotin. Mit Abbau der Substanzen kommt wieder die normale Färbung zurück. Im späteren Leben kann eine solche Verfärbung unter anderem bei Lymphödemen oder schweren Atemwegserkrankungen beobachtet werden.
Von Geburt an
Einige Erkrankungen sind bereits von Geburt an da. Die Achsenabweichung der Großzehennägel tritt bei 1–2% der Säuglinge und Kleinkinder auf und es kommt zu Querfurchenbildung, Verdickung der Nagelplatte und gelblicher Verfärbung. Vom Aussehen her kann dies mit einem Nagelpilz verwechselt werden. Als Therapie empfiehlt die Expertin vorerst nur eine symptomatische Therapie mit mechanischer Verdünnung der Nagelplatte. Erst später sollte an eine operative Sanierung gedacht werden.
Es können von Geburt an alle Nägel fehlen oder nur teilweise vorhanden sein.
Das „Nagel-Patella-Syndrom“ ist eine weitere Erbkrankheit der Fingernägel und der Knochen. Es kommt zu Nagelveränderungen unterschiedlicher Ausprägung vom Daumen bis zum Kleinfinger. Eine weitere vererbte Erkrankung mit Mutationen der Keratin-Gene ist die Pachyonychia congenita. Hier kommt es bereits ab dem ersten Lebensjahr zu einer fortschreitenden Nagelverdickung. Die Therapie beschränkt sich auf symptomatische Maßnahmen.
Infektionen
Zu den häufigsten Infektionen zählen Warzen, die an allen Körperregionen einzeln oder beetartig auftreten können. Diese meist hautfarbenen Papeln sind meist symptomlos, können aber auch Schmerzen bereiten. Oft stellen sie ein kosmetisches Problem dar. An sich sind Viruswarzen eine selbstlimitierende Erkrankung, sodass eine Therapie sich auch erübrigt. Es gibt verschiedene Mittel wie Warzentinkturen, Laser und Vereisen beim Hautarzt und anderes. Herausschneiden ist jedenfalls nicht mehr State-of-the-Art.
Bei Kleinkindern und auch Jugendlichen kann es immer wieder einmal zu einer Herpes-simplex-Infektion (Fieberbläschen) kommen. Die Therapie besteht in antiseptischen Umschlägen und austrocknender lokaler Behandlung.
Sehr häufig ist der Pilzbefall der Finger- und/oder Zehennägel. Eine nagelaufweichende Lokaltherapie kombiniert mit antimykotischem Nagellack ist ausreichend, solange weniger als 50% der Nagelplatte befallen sind. Ansonsten ist eine systemische Therapie indiziert mit Tabletten gewichtsadaptiert bei Fingernagelbefall für mindestens 6 Wochen, bei Zehennagelbefall für mindestens 12 Wochen individuell in Erwägung zu ziehen.
Entzündungen des Nagelwalles können bakteriell bedingt sein, aber auch durch Pilze wie Candida albicans verursacht sein. Meist reicht eine antiseptische/antibakterielle oder antimykotische Lokaltherapie aus.
Entzündliche Hautkrankheiten
Chronisch-entzündliche Hauterkrankungen wie die Schuppenflechte (Psoriasis), der Lichen planus oder die atopische Dermatitis können in bis zu 90% auch die Nägel befallen. Bei diesen Erkrankungen können auch Tüpfelnägel oder Nagelaufweichungen auftreten. Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der Grunderkrankung.
Farbveränderungen und Tumoren
Farbveränderungen der Nägel können immer wieder irritierend sein – das Spektrum umfasst Weiß, Gelb, Blau, Grün, Rot oder Rotviolett, Schwarz oder Braun. Die Ursachen sind vielfältig: vererbt, Traumafolgen, Systemerkrankungen, Infektionen, Medikamente oder Tumoren. Bei schwarzer oder brauner Verfärbung – ausgehend vom Nagelbett – sollte umgehend der Dermatologe konsultiert werden.
Fibromatosen
An den Fingern können auch immer wieder umschriebene gutartige Weichteilveränderungen auftreten. An sich verursachen diese Veränderungen keine Beschwerden, sondern werden als störend und „unschön“ empfunden. Bei Therapiewunsch kann man Steroidinjektionen oder eine chirurgische Intervention überlegen.
Fazit
Finger- und Nagelerkrankungen im Kindesalter sind häufig. Nicht alle müssen behandelt werden. Der Hautarzt weiß Rat und bietet fachkundige Hilfe an.
Redaktion: Dr. Christine Dominkus
Vidiert: PD Dr. Barbara Binder
Foto: PD Dr. Barbara Binder Graz
cc: privat