Chronischer Juckreiz – Wenn´s nur nicht so jucken würd….!

Juckreiz ist das häufigste Symptom bei diversen Hautkrankheiten. Mehr als die Hälfte aller Patient:innen, die Hautärzt:innen aufsuchen, plagt der Juckreiz, medizinisch auch „Pruritus" genannt.

Nicht nur atopische Dermatitis, Psoriasis (Schuppenflechte) und Urtikaria (Nesselausschlag) sind mit Jucken verbunden. Der Juckreiz kann auch bei vielen anderen Krankheiten quälend sein, so z.B. bei neurologischen oder internistischen Erkrankungen wie Diabetes, Eisenmangel oder Nierenkrankheiten.

Hautärzt:innen unterscheiden zwischen akutem und chronischem Juckreiz, wobei laut Definition der akute Juckreiz kürzer als 6 Wochen andauert. Bei einer Dauer von 6 Wochen oder länger, spricht man bereits von chronischem Juckreiz. Chronischer Pruritus ist sehr häufig in der Bevölkerung – so leidet einer von 5 Menschen zumindest einmal in seinem Leben unter diesem quälenden, schwer zu therapierenden Zustand für 6 Wochen oder länger. „Durch den chronischen Juckreiz und das chronische Kratzen verlängert und verschlechtert sich z.B. eine bestehende Hautkrankheit oder es können sich neue krankhafte Hautzustände entwickeln“, erklärt Prof. Dr. Franz Legat von der Universitätsklinik für Dermatologie, Medizinische Universität Graz.

Lebensqualität vermindert durch juckende Knötchen

Die chronische Prurigo (früher auch im deutschen Sprachraum als „Juckblattersucht“ bezeichnet) ist eine Hauterkrankung, die durch sehr starken, chronischen Juckreiz und meist aufgekratzte, verkrustete Knötchen und Knoten charakterisiert ist. Die Lebensqualität der Betroffenen ist dadurch stark einschränkt. Die chronische Prurigo ist wie der Name sagt „chronisch“, also sehr lang dauernd, und gilt als besonders schwer behandelbar. Von der Erkrankung können sowohl Männer als auch Frauen betroffen sein, wobei Ältere häufiger erkranken. „Betroffene werden von einem ständigen Juckreiz begleitet, was zum Entstehen von Knoten an der Haut führt, die wiederholt aufgekratzt werden,“ erklärt Prof. Legat. Einige wenige bis im Extremfall mehrere hundert Knoten – diese können wenige Millimeter bis zu 2 bis 3 Zentimeter groß werden – bedecken vorwiegend Arme und Beine aber auch den Stamm der Betroffenen. Die knotige Form der chronsichen Prurigo wird auch als „Prurigo nodularis“ bezeichnet und ist gleichzeitig die häufigste Form. Die an Prurigo nodularis erkrankten Patient:innen leiden oft unter Schlafstörungen und in der Folge an einer massiven Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Beruf sowie Problemen im Privatleben. „Die aufgekratzten, blutenden Knoten und der Zwang, sich ständig zu kratzen, schränken die Betroffenen in der Wahl ihrer Kleidung, ihrem Freizeitverhalten und in der Beziehung zu anderen Menschen massiv ein. Viele Betroffene ziehen sich aus dem alltäglichen Leben zurück und isolieren sich zunehmend. Angststörungen und Depressionen sind deutlich erhöht“, beschreibt Prof. Legat die Auswirkungen der Erkrankung.

„Juck-Kratz-Zyklus“

Die Hintergründe der Erkrankung Prurigo nodularis sind noch unzureichend erforscht. Man nimmt an, dass es aus bisher ungeklärter Ursache zu einer Sensibilisierung gegenüber chronischem Juckreiz und zur Entstehung eines sogenannten „Juck-Kratz-Zyklus“ kommt. Einmal etabliert, führt dieser „Juck-Kratz-Zyklus“ dazu, dass Kratzen das Jucken nicht mehr beseitigt, sondern nur kurzfristig lindert und durch die Beschädigung der Haut der Juckreiz sogar noch verstärkt wird. Das Behandlungsziel bei den betroffenen Personen ist daher das Unterbrechen dieses Teufelskreises und damit das Anhalten der Spirale aus Jucken und Kratzen. „Nur wenn es gelingt, durch die Behandlung den intensiven Juckreiz deutlich zu reduzieren, wird nach einer gewissen Zeit auch das Kratzen nachlassen“, so der Fachmann. Die Kratzspuren heilen, was wiederum den Juckreiz weiter vermindert, bis schließlich der Juckreiz und die Knoten der Prurigo nodularis komplett verschwinden.

Erstes Medikament seit Dezember 2022 zugelassen

Eine zugelassene wirkungsvolle Therapie zur Behandlung der Prurigo nodularis gab es bis vor kurzem nicht. Seit 12. Dezember 2022 ist „Dupilumab“, ein monoklonaler Antikörper, der die Rezeptoren von IL-4 und IL-13 blockiert, zusätzlich zur Behandlung der atopischen Dermatitis auch für die Prurigo nodularis zugelassen. Weitere Substanzen zur Behandlung der Prurigo nodularis werden wahrscheinlich in Kürze folgen. An der Erforschung neuer Behandlungsansätze zu chronischem Juckreiz und chronischer Prurigo sind Ärzt:innen der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie der Med Uni Graz maßgeblich beteiligt; dort gibt es auch eine Spezialambulanz für Patient:innen mit chronischem Pruritus/chronische Prurigo unter der Leitung von Prof. Legat und immer wieder die Möglichkeit, an klinischen Studien teilzunehmen.

Weitere Informationen und Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Franz Legat und sein Team,
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz,
Telefon: +43 316 385-0



Foto: Univ.-Prof. Dr. Franz Legat, Universitätsklinik für Dermatologie Graz
cc: Werner Stieber